Schlechte Nachrichten drücken auf die Renditen von Staatsanleihen

 In Allgemein

Von Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der auf Risikomanagement spezialisierten Quant.Capital Management GmbH

Am Tag nach der Präsidentenwahl in den USA wurde für die Beobachter weltweit sichtbar, dass die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten 2016 kein historischer Zufall war. Auch wenn das offizielle Wahlergebnis noch aussteht, so ist bereits jetzt klar, dass der amtierende Präsident bei dieser Wahl insgesamt mehr Wähler davon überzeugen konnte für ihn zu stimmen als noch vor vier Jahren. Die größte Volkswirtschaft und wichtigste militärische Macht der Welt ist tief gespalten, die Nation verunsichert.

Der aktuelle Präsident streut massive Zweifel am Wahlsystem und an der Legitimität politischer Institutionen. Wie Gari Kasparow am Mittwoch (04.11.2020) auf Twitter berichtete, verbreitet das russische Staatsfernsehen derzeit die Botschaft, Demokratie bedeute Chaos und Russland sei glücklich, dank Putin keine solchen Zustände zu haben. Am gleichen Tag werden über 108.000 neue Covid-Fälle in den USA gemeldet, über 1.200 Menschen sterben daran und es ist kaum mehr eine Nachricht wert. Laut New York Times sterben an diesem Tag sogar mehr als 1.600 Menschen an COVID, doch diese Zahlen finden keine Beachtung mehr. Die Einrichtung von Vorsichtsmaßnahmen unmittelbar nach der Wahl ist nun sehr wahrscheinlich, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität.

Am Tag mit den meisten gemeldeten Corona-Toten weltweit seit Ausbruch der Pandemie steigen die Infektionszahlen auch in Europa anscheinend ungebremst weiter an. Die bereits begonnenen weitreichenden Vorsichtsmaßnahmen zur Einschränkung der Pandemie, der „Lockdown“, werden die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone belasten, soviel scheint sicher. Deutschland musste am Donnerstag (05.11.2020) mit etwa 20.000 Neuinfektionen einen neuen Rekord vermelden. Wir gehen von weiteren Verschärfungen der Maßnahmen in den kommenden Tagen und Wochen aus. Die hohe Dynamik, mit der Maßnahmen allerorten beschlossen werden macht, angesichts der hohen wirtschaftlichen Verflechtungen in der Eurozone, die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Wirtschaft kaum noch schätzbar. Alle Projektionen für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden 12 Monaten sind mit einer ausgesprochenen Unsicherheit behaftet.

 

http://www.zins-tracker.de 

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Investoren sich verstärkt in Staatsanleihen flüchten. Die Renditen 10-jähriger Anleihen in den USA und in Europa waren rückgängig und die Renditen zahlreicher Euro-Länder weisen neue historische Tiefststände auf, wie der Zins-Tracker eindrucksvoll dokumentiert. Die Zinsmärkte signalisieren ein hohes Maß an Sorgen der Investoren.

Die Aktienmärkte scheinen dagegen dem Prinzip Hoffnung zu frönen. Hoffnung auf weitere staatliche Unterstützung und Fördermaßnahmen, auf Steuererlasse, massive Neuverschuldung, eine weiterhin ultra-lockere Geldpolitik. Die Hoffnung, dass ein „mehr“ an Krise die Aktienmärkte weiter antreiben dürfte – das ist eine äußerst verstörende Form des Optimismus.

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