Malaise Polonaise – ein Schauspiel in drei Szenen
Bildquelle: The dance of death. Oil painting. Credit: Wellcome Collection. CC BY
Von Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH, Düsseldorf
„Und seht, jetzt ist es noch nicht Nacht,
Da sieht die Welt die Folgen schon.
Die Leidenschaft hat uns soweit gebracht,
Beneidenswert, wer frei davon.“, Jenny / Dreigroschenoper
1. Szene: Die anhaltenden Verluste im Euroraum, gepaart mit erhöhten Risikoniveaus, treffen zunehmend auch Anleger, die eigentlich eher zurückhaltend allokiert haben. Insbesondere Euro Staatsanleihen, aber auch auf Euro lautende Unternehmensanleihen hoher Bonität bilden bislang einen Hort der Stabilität. Allerdings sind die Aktienkursverluste in der Eurozone soweit aufgelaufen, dass seit Kurzem auch defensiv orientierte Anleger ihre Risikoexposures reduzieren müssen. Wir sehen das recht deutlich u.a. an unserem Musterportfolio „Defensiv Eurozone“. An dieser Stelle wagen wir eine kühne These: Die meisten der großen Anlagevermögen, zumindest in Europa, dürften grundsätzlich eher defensiv ausgerichtet sein. Was geschieht im Markt, wenn diese Schwergewichte ihre Risikoexposures zurückfahren müssen?
2. Szene: Schwache Kursentwicklungen bei Aktien in Europa und in den Schwellenländern prägten das Bild der vergangenen Monate. Kurstechnische Probleme zeigen sich aber immer mehr auch in anderen Marktsegmenten weltweit. Unsere weltweit gestreuten Musterportfolios „Ausgewogen International“ und „Aktien Welt“ etwa, haben in den vergangenen Tagen ihre Verluste ausgebaut. Besonders kritisch ist, dass sie sowohl YTD als auch im 3-Jahres-Vergleich neue Maximalverluste (sog. „Maximum Drawdowns“) markierten.
Vor allem zyklisch motivierte Investoren, die in den vergangenen zwei bis drei Jahren nennenswerte Aktienpositionen aufgebaut haben, dürften nun langsam Stress verspüren. Verluste schmerzen, und wenn man zuvor nicht in der Lage war auskömmliche Risikopuffer aufzubauen, gilt dies umso mehr. Substanzverlust erhöht den Verkaufsdruck.
3. Szene: Während US-Präsident Trump es für notwendig hält, mitten in einen Wirtschaftsboom hinein die eigene Wirtschaft zu „stützen“, hält die Fed mit immer neuen Zinserhöhungen wacker dagegen. Diese besondere Beziehung scheint mit viel Leidenschaft geführt zu werden. Vielleicht zu viel?
Während Anleger weltweit bereits den Weg in die sicheren Häfen suchen und die langfristigen Renditen auf US- und Euro-Staatsanleihen seit Wochen auf Talfahrt sind, drückt die Fed die Zinsen am kurzen Ende mit Macht in die Höhe. Sie befördert so eine Inversion der Zinskurve, welche ein böses Omen für die Risikomärkte wäre. Gerade erst, am 19.12.18, hielt es die Fed für angebracht, eine weitere Zinserhöhungen zu beschließen und die erwarteten Zinserhöhungen für das kommende Jahr dabei kaum zu reduzieren. Das wirkte wie ein Nackenschlag auf die Aktienmärkte, die daraufhin spürbar nachgaben. Werden wir alle bald Opfer dieser fatalen Beziehung?
Keine Frage, so langsam geht es an die Substanz! Das aktuelle Marktgeschehen, vor allem in Europa, deutet darauf hin, dass immer weitere Anlegergruppen aufgefordert werden, an der Malaise Polonaise teilzunehmen – und die Fed möchte unbedingt als Gastgeberin dabei sein.

Quelle: Bloomberg