Banken-Regulatorik und Fonds-Overlay-Management
von Ingo Diem, Leiter Frontoffice
Zwei Welten oder verschiedene Ausprägungen einer Idee?
Um Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten beurteilen zu können, sehen wir uns die beiden Themen genauer an.
Was ist Overlay-Management?
Investoren suchen sich Spezialisten für die jeweiligen Marktsegmente, in denen sie investiert sein wollen. Diese managen „ihr“ jeweiliges Segment eigenverantwortlich und innerhalb der vorgegebenen Parameter (Anlageuniversum, Diversifikationsvorschriften, etc.).
Da die einzelnen Manager keinen Einblick in die Allokationen der anderen Segmente haben (und auch nicht haben sollen), kann es von Vorteil sein, einen Manager auszuwählen, der sich um die aggregierte Situation der Segmente kümmert, um z.B. folgende (taktischen oder strategischen) Ziele zu verfolgen:
- Rebalancing: Im gesamten Konstrukt die gewünschte taktische Allokation von z.B. Aktien, Renten und Cash herzustellen (üblicherweise durch den Einsatz von derivativen Instrumenten)
- Steuer-Optimierung (aktives Management): Gewinne in einem Segment durch die gezielte Realisierung von Verlusten in anderem Segment kompensieren
- Risiko Management: Einhaltung definierter Risikoparameter bzw. Vermeidung unerwünschter Risikoprofile (Kumulrisiken) auf Gesamtfonds-Ebene
Das Overlay Management hat sich in Deutschland seit Mitte des letzten Jahrzehnts in der Breite durchgesetzt.
Regulatorische Entwicklung von vor 2007 durch die eigentliche Krisenphase bis 2011 und bis heute
Bis 2007:
- Basel II (Drei Säulen: Mindestkapitalanforderung, in- und externe Überprüfungen, Offenlegungsvorschriften)
2007 – 2011:
- April 2009 Basel II.5 mündet im Dezember 2010 in Basel III (Primärziel Ansteckungsgefahren minimieren und negative Folgen für die Realwirtschaft soweit wie möglich zu mindern – das Überleben von Banken (also Stützungsmaßnahmen) wie aber auch das Abwickeln von Banken können dazu geeignete Maßnahmen sein
2011 – 2018:
- Basel III (zusätzliche Eigenkapitalanforderungen [zwei weitere Kapitalpuffer], Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie, Einlagensicherungssystem, Definition systemrelevanter Banken, Liquiditätsanforderungen, Verschuldungsquote) ist seit 2013 in Kraft. Die Umsetzung erfolgte jedoch erst ab 2014 in diversen Einzelschritten.
Wo sind die Parallelen?
Interpretiert man Banken und das System mit dem und in dem sie verflochten sind als unterschiedliche Teile eines großen Bankenportfolios, können Mechanismen des Fonds-Overlay-Managements (Risiko Cluster definieren, Korrelationsanalysen, Risikokapital je Risiko-Art unterschiedlich allokieren und Mechanismen schaffen nach denen Auflösungen oder Verschmelzungen von Fonds ablaufen können) analog genutzt werden, um das Finanzsystem zu schützen.
Die größere Transparenz ermöglicht es den Aufsehern, die Risiken, die die jeweiligen Banken als Gesamtheit darstellen, zu erkennen. Durch die konsequente Einforderung der Einhaltung der Regelwerke, ist es nun möglich, Banken in deren Risikonahme zu steuern.
Begleitet wird dies durch die Regelungen zur Rettung bzw. Abwicklung in Schieflage geratener Banken. Diese schützen das System vor Überreaktionen der Marktteilnehmer bzw. Ansteckungen anderer Banken. Somit werden die Ressourcen einer Volkswirtschaft nicht unwissentlich vermeidbaren Risiken ausgesetzt.
Diese Mechanismen entsprechen dem Ansatz des Risiko Overlay Managements, den Wert des Gesamtportfolios der jeweiligen Fondssegmente zu erhalten. Im Unterschied zur Regulatorik kann der Overlay Manager jedoch üblicherweise selbst aktiv wertsichernd agieren. Die Aufsichtsbehörden können dies nicht.
Es mag sein, dass beim Versuch, eine derart heterogene Masse wie die der Banken mit deren jeweils sehr vielfältigen Geschäften und Geschäftsmodellen transparent zu machen und zu kategorisieren, manche Maßnahmen weniger zielführend sind als andere. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass die regulatorischen Vorschriften überflüssig sind. Hier wird sich ein Gleichgewicht zwischen Wünschenswertem und ökonomisch vertretbar Machbarem einstellen (müssen).
Ausblick:
- Total Loss Absorbing Capacity (TLAC, zusätzliche Kapitalpuffer für global systemrelevante Banken)
- Basel IV (Kapitalregelungen, Großkredite, Offenlegungspflichten, stärkere Anlehnung der internen Risikomodelle der Banken an das Standardmodell, Anpassungen der CRR in Bezug auf IFRS 9)
Die Aufsicht ist eng mit den Institutionen, die die Regelwerke vorschlagen und beschließen, verzahnt. Die Frage, ob sie dadurch nicht selbst eine Ausweitung ihrer eigentlichen Aufgaben hervorruft, sollte offen diskutiert werden.
Darüber hinaus muss kritisch untersucht werden, ob sich eine derartige Entwicklung durch die anstehenden Veränderungen (z.B. im Zusammenhang mit Basel IV) verstärkt.